Ingo Elbe

Herr S. und die Natur. Zum Werk von Alfred Schmidt

Anlässlich des Todes von Alfred Schmidt am 28. August 2012 möchten wir auf eine Würdigung seines Werkes hinweisen, die einer unserer Autoren vor einigen Jahren verfasst hat.

Alfred Schmidt hat in der kritischen Gesellschaftstheorie der Bundesrepublik vornehmlich zwischen
den 1950er und 70er Jahren deutliche Spuren hinterlassen. Der Horkheimer- und Adorno-Schüler
gehörte zur ersten Generation der Theoretiker des Frankfurter SDS, promovierte 1960 mit einer
vielbeachteten Arbeit über den ‚Begriff der Natur in der Lehre von Marx’, wurde 1972 Professor für
Philosophie in Frankfurt und garantierte mit seinen Veröffentlichungen und seiner Lehrtätigkeit die
Kontinuität der Motive vor allem der frühen Kritischen Theorie auch in Zeiten ihrer
kommunikationstheoretischen Verwässerung durch Jürgen Habermas und andere. Neben der
Mitwirkung an der Herausgabe der Schriften Max Horkheimers hat Schmidt wichtige Beiträge der
Frankfurter Schule und des französischen humanistischen Marxismus ins Deutsche übersetzt. Sein
gesamtes Werk ist geprägt von einer kritischen Reflexion gesellschaftlicher Naturverhältnisse als
objektiver Vermitteltheit des Subjekts und subjektiver Vermitteltheit des Objekts. Sein Denken kreist
um die konstitutive Verwobenheit von erster und zweiter Natur, versucht dabei aber zugleich die in
emanzipatorischer Absicht unerlässlichen Unterschiede zwischen beiden kenntlich zu machen.

(zuerst erschienen in: Prodomo – Zeitschrift in eigener Sache Nr. 4)